Wer kennt es nicht: Vergesslichkeit.
Die Inspiration ereilt den Autor meistens an den unmöglichsten Orten zu den unmöglichsten Zeiten, oft in der Zeit, während man duscht oder in den Momenten kurz vor dem Einschlafen. Zumindest immer dann, wenn weder Handy, noch Laptop oder Zettel und Stift zur Hand sind, um seine Idee festzuhalten.
Die prinzipielle Einstellung dazu ist meistens: Ich kann mir das merken! Doch manchmal sind schon die fünf Minuten, die man braucht, um aus der Dusche zu kommen, zu viel und die phänomenale Idee, die die Lösung aller Probleme gewesen wäre, oder die Wendung, die das Buch noch gebraucht hätte, sind mit einem Mal vergessen, und wo die Inspiration einst weilte, gähnt nun ein großes schwarzes Loch, das alle Ideen einfach in sich aufgesogen hat, welche nun auf nimmer wiedersehen in den Untiefen des Universums verschwunden sind.
Dies gleicht meistens einem Desaster unvorstellbaren Ausmaßen, weswegen der Autor nun viel Zeit darauf verwenden wird, dumpf vor sich hin zu brüten, in der Hoffnung, dass das Universum Erbarmen zeigt und die fantastischen Ideen wieder herausrückt, die es so hinterhältig gestohlen hat. Die Frage, die sich dabei immer stellt, ist die, wer den längeren Atem hat: Universum oder Autor. In der grenzenlosen Ungerechtigkeit der Zeit gibt allerdings der Autor altersbedingt zuerst auf und bereitet sich angesichts des endgültigen Verlustes seiner Idee seelisch und moralisch darauf vor, alle Phasen der Trauer zu durchlaufen, die langsam an ihm vorbei ziehen, während er fassungslos ins Nichts starrt und immer wieder murmelt: „Ich kann’s doch nicht vergessen haben!“
Eine Heilung für diesen verzweifelten Zustand wurde bereits gefunden, oder vielleicht auch nicht, je nachdem, ob sie wieder vergessen wurde oder nicht.